Medienmitteilung 18.08.2021

18.08.2021: Zeitreise durch die Kulturlandschaft

Landschaft im Wandel

Seit Jahrtausenden gestalten wir Menschen unsere Landschaft. In vielen Teilen der Schweiz entstand dabei bis ins 19. Jahrhundert hinein eine reich strukturierte Kulturlandschaft. Kleine Felder und Obstbäume umgaben die Siedlungen, Hecken und Steinmauern trennten kleine Parzellen voneinander. Lange Zeit änderten sich traditionelle Bewirtschaftungsformen des Kulturlandes kaum. Erst durch die zunehmende Mechanisierung und Intensivierung der Bewirtschaftung vollzog sich ein Wandel. Für den Erhalt dieser Kulturlandschaft ist eine Auseinandersetzung mit dessen Geschichte wichtig. Ein Projekt der Biosfera Val Müstair und des Schweizerischen Nationalparks hält den Wandel der Kulturlandschaft im Val Müstair mit Fotografien von damals und heute fest. Diese sind unter val-muestair.ch/zeitreise abrufbar.

Das alte Postkartenmotiv, zuunterst bei den Downloads, zeigt das Kloster St. Johann (rechts im Bild) und einen Teil des Dorfes Müstair mit der Pfarrkirche (links). Die grosse Klosteranlage und das Dorf sind Teil der sie umgebenden Kulturlandschaft, bestehend aus Wiesen und Weiden sowie lichtem Wald. Mehr als ein halbes Jahrhundert später sieht man auf dem Foto aus der gleichen Perspektive kaum eine Veränderung des Dorfes. Das Kloster prägt weithin sichtbar die Dorfansicht, nur einige neue Gebäude sind entstanden. Doch was ist mit der Landschaft um das Kloster? Der alte Holzzaun ist verschwunden. Wenn man genau hinschaut, sieht man, dass auch die ehemaligen Weiden am Berghang hinter dem Kloster nun dichter bewaldet sind.

Um diese Veränderungen sichtbar zu machen, welche manchmal auch nur schleichend vorangehen, starteten die Biosfera Val Müstair und der Schweizerische Nationalpark ein gemeinsames Projekt. Es wurden alte Fotografien und Postkarten aufgestöbert, welche die Kulturlandschaft des Val Müstair von damals eindrücklich aufzeigen. Das Ziel dabei war, die alten Aufnahmen erneut zu fotografieren, um dem Wandel der Kulturlandschaft im Val Müstair auf die Spur zu kommen. Die Talschaft hat noch eine einzigartige und gut erhaltene Kulturlandschaft. Aber auch das Val Müstair hat sich entsprechend seiner modernen gesellschaftlichen Ansprüche entwickelt. Die Talflanken, wie diejenigen oberhalb des Klosters in Müstair, sind dabei besonders strukturreich und bestehen aus einem Mosaik aus Waldweiden und offenem Weideland. Hier finden sich 83 von 212 Schmetterlingsarten, welche in der Schweiz insgesamt vorkommen. So z.B. auch der sehr seltene Felsenfalter. Dieser Artenreichtum verschwindet jedoch, wenn die Flächen nicht mehr ausreichend beweidet werden und mit Büschen und Bäumen zuwachsen.

Der Wandel ist im Talgrund am deutlichsten zu erkennen. Viele der traditionellen Strukturen sind hier aus der Landschaft des Val Müstair verschwunden, so zum Beispiel der Flickenteppich aus kleinen Äckern und Feldern. Dieser ist grossen Landwirtschafts-Parzellen gewichen, welche durch die Güterzusammenlegung seit 1968 entstanden. Die Bearbeitung der Flächen mit grösseren Landwirtschaftsmaschinen wurde so ermöglicht und damit der Arbeitsaufwand erheblich reduziert. Für viele Tierarten ist aber genau dieser Flickenteppich aus vielen verschiedenen Strukturen wichtig, als Jagdgebiet und als Unterschlupf.

Es gibt aber auch zahlreiche Beispiele in die umgekehrte Richtung. Eine Erfolgsgeschichte ist die Revitalisierung des Rombachs. Seit mehr als einem Jahrzehnt schlängelt sich dieser erneut durch die Ebenen von Palüds und Las Spinas. Die Wanderung entlang des Rombachs zählt heute zu den Attraktionen im Tal.

Es stellt sich die Frage, welche Landschaft wir in Zukunft wollen? Die «einzig wahre» Landschaft gibt es nicht. Dafür sind unsere Vorstellungen und unsere Wahrnehmung einer schönen Landschaft zu unterschiedlich. Schutz und Erhaltung sollten in einer Balance mit der Nutzung und Weiterentwicklung stehen. Ein Blick zurück gibt Hinweise darauf, wie unsere Kulturlandschaft und ihre ökologischen und ästhetischen Werte entstanden sind und wie wir diese in Zukunft aktiv gestalteten können. Denn eine attraktive Kulturlandschaft ist Heimat für den Menschen, Lebensraum für vielfältige Tier- und Pflanzenarten sowie Wirtschaftsgrundlage der Berglandwirtschaft und einer Tourismusregion gleichermassen.

Machen Sie sich ein eigenes Bild und vergleichen Sie die Fotografien des Val Müstair von damals und heute unter val-muestair.ch/zeitreise.

Medienkontakte

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Zeitreise

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Die Postkarte (vor 1969, Autor unbekannt) zeigt die Dorfansicht von Müstair in Richtung Guardaskopf und mit Blick auf das Benediktinerinnenkloster St. Johann.

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Kulturlandschaft im Wandel

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Die Fotografie (2018), aus der gleichen Perspektive wie die historische Postkarte aufgenommen, zeigt die Veränderungen in der Landschaft auf.
© Schweizerischer Nationalpark

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